Donnerstag, 27. November 2014

Gastfreundschaft ohne Ende

Wo soll ich anfangen? 

Seit dem letzten Eintrag ist schon wieder so unglaublich viel passiert. So viel erlebt, so viele Menschen getroffen und keine ruhige Minute gehabt. Deshalb wird dieser Eintrag wohl wieder sehr lang, sorry dafür. Aber: diesmal gibt es auch Fotos. 

 

Beachparty mit Maori und Hai


Laut Campermate (wie ich diese App liebe) gibt es in Porangahau einen Freedomcampingspot direkt am Strand. Unter den Bäumen direkt hinter den Dünen haben wir Uwe geparkt, wollten einfach nur entspannen nach den letzten spannenden Tagen. Da kamen plötzlich zwei Locals zu uns. 'Wanna smoke some weed?' 'No thank you, we don't smoke' 'Wanna drink something?' 'No thank you, it's not even afternoon!' 'But this is camping, get something to drink!' So lernt man sich heutzutage eben kennen. Nach einem Fußballspiel am Strand sind Taane und Dylan wieder gefahren, allerdings mit dem Versprechen mit der Angel für ein Lagerfeuer zurückzukommen.
Ein sehr rücksichtsloser Jemand hat beim Angeln am Strand ein paar kleine Haie gefangen, und die einfach achtlos liegen lassen. Taane (ein Maori) hat vorgeschlagen den mitzunehmen anstatt zu angeln. Also haben wir ein Loch gegraben, Feuerholz gesammelt und das ein oder andere Tuibier vernichtet. Die Naturwissenschaftlerin in mir konnte sich kaum zurückhalten als Dylan (Taanes Cousin und so ein richtiger Hinterwäldlerjunkietyp) den Hai ausgenommen hat. Nachdem alles Essbare im Feuer gelandet war, hab ich mir den Rest genauer angeschaut. Unser kleiner Hai war gerade schwanger, und hatte vier noch kleinere Haie im Bauch. Neugierig hab ich die Fruchtblasen geöffnet und die Babys untersucht. Wirklich erstaunlich, die waren gerademal Handlang und hatten noch riesige Dottersäcke am Bauch. Zwei von ihnen waren sogar noch lebendig aber leider zu klein um zu überleben. Wirklich eine Schande dass jemand einen Fisch fängt und ihn dann einfach so liegen lässt. Was man tötet muss man auch verwenden. Meine Meinung. 

Nachdem das Feuer ausgebrannt war, sind wir mit Taane zu dem Haus gefahren dass er mit seiner Freundin Amber geerbt hat und jetzt renoviert. Auf ca. 2000m² (hauptsächlich Busch) haben sie ein zweistöckiges Haus in dem auch für uns Platz war.
Am nächsten Morgen durften wir Waka fahren, eine Art Kanu, dass die Maori (in viel größer) als Kriegsschiffe benutzt haben. Man sitzt nicht zwischen den Wänden des Bootes sondern auf einem Brett oben drauf und zum Gleichgewicht halten muss man sich in Richtung des Seitenarmes lehnen. Hat richtig viel Spaß gemacht!
Beim Frühstück hat ein Erdbeben der Stärke 6,9 Gisborne getroffen (ca. 200km von uns entfernt). Wir haben es zwar nicht gespürt, aber ein Kerzenständer hat sich auf dem Tisch umherbewegt. Gut dass wir nicht mehr weiter nördlich unterwegs waren!

Abends haben wir King's Cup nach Kiwi Art gespielt und French Toast in der Garage gemacht (die Küche muss noch gebaut werden). Taane kennt viele Geschichten der Maori und es war wirklich cool die Legenden von einem Insider zu hören und nicht nur irgendwo auf einem Infoschild zu lesen. Einer seiner Vorfahren hat beispielsweise den Mt. Ngauruhoe bestiegen um das Land für sich zu erobern. Oben angekommen war er sehr erschöpftund hungrig, hatte aber nichts mehr dabei (Weitsichtigkeit war da noch nicht so im Trend). Also beschloss er seinen Bergsteigerkumpanen zu töten und zu essen. Ihm zu Ehren hat er den Berg dann nach ihm benannt. Ein anderer Vorfahre hat die Erfindung des Haka miterlebt und noch ein anderer hat ganz früher die Wikingerprinzessin geheiratet (ja, die Wikinger waren auch mal hier) und deshalb hat sein ganzer Stamm hellere Haut als die meisten Maori. Auch Taanes eigenes Leben war sehr ereignisreich, aber das würde jetzt zu weit führen (erstes Auto mit elf, Tatoos im Knast selbstgestochen, mehr Drogen ausprobiert als eine Laborratte...). 
Nach einem sehr herzlichen Abschied sind wir noch schnell zum Ort mit dem längsten Namen der Welt gefahren. Taumata whakatangi hangakoauau o tamatea turi pukakapiki maunga horo nuku pokai whenua kitanatahu ist der Ort, an dem Tamatea, der Mann mit den großen Knien, der Berge hinabrutschte, emporkletterte und verschluckte, bekannt als der Landfresser, seine Flöte für seine Geliebte spielte. Und ja, Amber konnte das tatsächlich aussprechen.  

 

Die Ruhe vor dem (im?) Sturm

Die nächsten zwei Nächte verbrachten wir ganz in Ruhe, erst auf dem Alfredton Domain Campsite und dann auf dem Bucks Road Campsite. Es war super windig die ganze Zeit, man mochte das Auto kaum verlassen aus Angst davon zu fliegen. Im Radio haben sie von 130km/h Windgeschwindigkeit gesprochen. Beim Fahren hat man das auch sehr stark gemerkt, ständig musste ich gegen lenken und überall lagen Äste oder halbe Bäume auf der Straße. Nachts unter Bäumen zu schlafen war auch nicht wirklich entspannt. Schließlich waren am Straßenrand auch einige entwurzelt, wieso also nicht auch am Waldrand? 


Wildlifetechnisch alles fit? 

Von Featherston aus sind wir ganz in den Süden gefahren, zum Cape Palliser. Die Straße, eine ca. 60km lange Sackgasse, windet sich malerisch über die Hügel bis hin zum Meer, wo sie sich dann zwischen Felswand und Meer bis zum Leuchtturm entlangschlängelt. Ein "Achtung Pinguine" Schild weckte bei uns die (falsche) Hoffnung hier ein paar kleinen Frackträgern zu begegnen. Fehlanzeige. Fast am Ende der Schotterstraße warteten stattdessen neuseeländische Seebären auf uns. Direkt am Ufer, zwischen und auf 
den Felsen saßen und lagen sie rum. Überall! Da sie sehr gut getarnt sind, hat man zuerst gar nichts gesehen, und dann immer mehr. In einem Pool lag zu unserem Erstaunen auch eine Seeelefanten Kuh, die da ein bisschen relaxed hat. Es war so unglaublich diese Tiere einfach mal in freier Natur zu sehen, ohne Zaun, nicht von einem Boot aus. Die Robben ließen sich von uns gar nicht stören, sind auf den Felsen umhergeklettert und haben gebadet. Die Seeelefantin hat sich nach einer Weile aus dem Wasser rausgehieft (anders kann man's nicht sagen). Aber da so viele Felsen zwischen ihr und uns waren sind wir relativ entspannt geblieben. 
Das eigentliche Highlight am Cape, der Leuchtturm war nach diesem Erlebnis nur noch halb so cool. Trotzdem sind wir die 250 Treppenstufen hochgeklettert um die Aussicht zu genießen. 
In Ngawi, einem kleinen Ort auf dem Weg zum Cape gibt es dank dem lokalen Council ein Freedomcampinggebiet direkt am Strand. Dort haben wir mit Meerblick zwei Nächte verbracht und wunderschöne Sonnenuntergänge beobachtet. Am Strand dort gab es außerdem unzählige riesige Paua-Muscheln. Die kosten im Laden so um die 13$ das Stück, und wir haben beim Spaziergang nebenbei jeweils sechs gefunden. 


Adoptiert von Samoanern


Regentag, Bibliothekstag. In Upper Hutt (nach der schrecklichen Fahrt über die Berge, im Nebel, mit Sturmböen) sind das erste Mal an diesem Tag in die Bücherei gegangen. Danach war Uwe's Batterie leer. Muss man das Licht wirklich ausmachen? Hmm. Zum Glück standen wir gegenüber einer Werkstatt, aus der ein freundlicher Kiwi eine LKW Batterie geholt hat und uns Starthilfe gegeben hat. In Lower Hutt haben wir völlig legal in einem Top 10 Holidaypark geduscht und sind erneut in die Library gegangen. Eine halbe Stunde später fanden wir uns mit Blumenkränzen auf dem Kopf und Lawalawa um die Hüften in Mitten eines Chorwettbewerbs mit anschließendem Essen einer samoanischen Kirchengemeinde wieder. Nanu? Wie konnte das denn schon wieder passieren? In der Bücherei hat uns Emily, die Frau des Pfarrers angesprochen und war ganz entsetzt darüber dass wir im Auto schlafen. Um das zu verhindern hat sie uns eine Unterkunft gesucht - und gefunden. Wir konnten mit Naomi und Alex Wulf mitgehen. Die beiden wohnen mit zwei der fünf Kinder in Wainuiomata, einem Neben/Vorort von Lower Hutt. So kam es dazu, dass wir uns nun stolze adoptiv-Samoaner nennen dürfen. Naomi hat uns jeweils noch ein Lawalawa geschenkt (so Tücher die alle um die Hüfte tragen, quasi wie ein Schottenrock, nur tropischer) und uns gesagt dass wir wie ihre eigenen Kinder für sie sind. Die Gastfreundschaft der ganzen Familie ist wirklich grenzenlos.
Am Sonntag wurden wir mit zur Kirche genommen, gleich zwei Gottesdienste haben wir miterlebt. Einen gemischten, für alle Mitglieder der Gemeinde (Samoaner und Cook Islander), und einen auf samoanisch. Anschließend gab es im Gemeindehaus noch was zu Essen. Samoaner sind sehr fixiert auf's Essen, besonders auf Fleisch. Deshalb sind wir nach der Kirche auch nochmal zum Fish'N'Chips Laden gefahren und haben was für den "kleinen Hunger" geholt (5 große Fischstücke, 2 fritierte Hotdogs, 2 Würstchen, fritierte Ananas und ca. 1kg Pommes). 


Oh Wellywood... 

Tagesausflug in die Vergangenheit

Wieder ein großer Unterschied zwischen Deutschland und Neuseeland: so ein cooles Museum wäre niemals kostenlos! Für das neuseeländische Nationalmuseum Te Papa muss man zwar keinen Eintritt bezahlen, dafür sind die Parkhauskosten außerirdisch. Für 6 einhalb Stunden haben wir 22$ bezahlt. Egal, das Museum war's auf jeden Fall wert. 
Es ging los mit einem Blauwalskelett, einem riesigen Riesentintenfisch aus der Tiefsee und einem Rundgang durch eine kleine Kalksteinhöhle. Dann folgten Vulkane, Erdbeben und die Entstehung Neuseelands. Als nächstes die Geschichte der Maori und anderer Einwanderer aus dem Pazifik und deren Kunst. 
Wirklich spannende und interessante Sachen waren da zu sehen, haben auch was gelernt (ist ja schon fast eine Bildungsreise :D ). 

 

Tagesausflug nach Mittelerde




Am Dienstag haben Naph (Naomis Sohn) und Nella (seine Freundin, bei denen wir momentan wohnen) uns mit nach Wellington genommen, weil sie da arbeiten. (Juhu, Spritkosten und Parkgebühr gespart!) Vom Te Papa sind wir 9km zum Flughafen gelaufen um uns da die übergroßen Figuren aus Mittelerde anzuschauen. Gollum jagt sich 'nen frischen, saftig-süßen Fisch, Gandalf reitet die Adler spazieren und Smaug macht ein Nickerchen beim Check in. 3km später waren wir in der Park Road, dem Ort, an dem ganz viel von Herr der Ringe und dem Hobbit entstanden ist. Dort befinden sich nämlich die Weta Workshops und die Park Road Post Production (da wird JETZT gerade der letzte Teil vom Hobbit fertig gestellt!!). Wir konnten in zwei Lagerhallen rein spickeln, wo kreative Menschen gerade an irgendeiner Kulisse gebaut haben. Am Ender der Park Road befindet sich das Weta Cave, ein kleines Museum in dem auch ein Film über die Arbeit von Weta (Workshops & Digital) zu sehen ist. Als echte Fans mussten wir natürlich auch die Tour durch die Werkstatt machen, die Geld kostet und auf der man leider keine Fotos machen darf (und kann). Aber: meine Güte, das war wirklich cool! 
Die Leute von Weta arbeiten an mehr Filmen mit als man denkt (neben den offensichtlichen Mittelerdefilmen auch Avatar, Avengers, Spiderman, King Kong, Godzilla, Tim und Struppi, District 9 und viele andere). Die kümmern sich um Kostüme, Waffen, Miniaturen, Monster, Special Effects und Motion Capturing.
Ich freu mich immer für Leute die ihr Hobby und ihre Leidenschaft zum Beruf machen können und dadurch auch noch Teil von solch tollen Projekten werden können. Insgeheim bin ich dann ein bisschen neidisch und würde das auch gerne machen. 


 

Wellington Classics

Für ein klassisches Wellington-Foto sind wir mit dem Cable Car den Berg zum Observatorium hochgefahren. Der Weg vom Berg runter führte durch den Botanischen Garten, was immer gefährlich ist. Wenn da steht 20 Minuten brauchen wir ne Stunde. Zu viele coole Blumen, zu viele Fotos, der Garten verschlingt uns einfach und wir finden nie mehr raus! Am unteren Rand lag dann auch noch ein risieger Rosengarten und Zack war der Akku leer. Trotzdem haben wir es irgendwie geschafft wieder rauszufinden und sind vorm Parlament gelandet.
Nach einem Picknick im Vorgarten des Parlamentsgebäudes haben wir eine kostenlose Tour durch eben dieses Haus gemacht. Auch wenn man denkt "Urgh, Parlament, Regierung, Langweilig" war es überhaupt nicht so. 

Der Tourguide war lustig und hat ein paar nette Anekdoten erzählt. Zum Beispiel haben die da einen großen traditionellen Maori-Anker stehen, an dem alle Nationen die irgendwie mit Neuseeland befreundet sind und alle die mit Migrationshintergrund hier leben ein Band dranmachen durften. So symbolisch. Dafür gab es Richtlinien, die Breite und Länge des Bandes betreffend. Welches Land hat sich wohl als einziges exakt an alles gehalten? Richtig, 12 Points to... Germany!
Neuseeland ist außerdem das einzige Land, indem jeder Brief den ein Bürger bezüglich eines Gesetzes schreibt gelesen werden muss UND der Bürger auch persönlich angehört werden muss, wenn er das möchte. 


 

Support the whale navy!

Nichtsahnend schlenderten wir die Promenade am Hafen entlang zurück zu Te Papa, da wurden wir auf ein Schiff aufmerksam, vor dem eine Gruppe Menschen versammelt war. Nach kurzem grübeln viel uns ein, woher uns das Logo auf dem Schiff so bekannt vor kam: Sea Shepherd liegt vor Anker! Sea Shepherd ist eine Organisation, die vom Mitgründer von Greenpeace, Paul Watson, gegründet wurde, da ihm das Protestieren allein nicht genug war. Mit ihren Schiffen verhindern die Freiwilligen in der Antarktis dass japanische Walfänger tatsächlich Wale fangen können oder machen ihnen zumindest das Leben erheblich schwerer. Walfang ist ja eigentlich verboten, aber die Japaner haben in den letzten Jahrzehnten unter dem Vorwand der Forschung weiter Wale gefangen und getötet. Das ist jetzt als illegal anerkannt worden, was die Japaner aber wenig kümmert, ab nächstem Jahr machen sie einfach weiter. 
Ich bewundere diese Menschen, die ihr Leben riskieren um andere Lebewesen zu retten, und das alles vollkommen ohne (materiellen) Gewinn. Meinen vollen Respekt! Gesetze sind gut und notwendig, aber bringen herzlich wenig wenn sich niemand darum kümmert dass sie eingehalten werden.


Und sonst so? 

Tja, und sonst so? Am Samstag fahren wir mit der Bluebridge Fähre nach Picton auf die Südinsel. Auf der Überfahrt soll das Schiff angeblich meist von einer Gruppe Delfine begleitet werden. Das wäre so cool! Wir werden zwar sicherlich in Kaikoura noch welche sehen, aber je mehr desto besser! Einen Blick auf die Berge konnten wir vom Cape Palliser schon erhaschen, aber ich bin trotzdem schon ganz aufgeregt was da auf uns wartet. Finja hat so hohe Erwartungen und ich hoffe dass sie da nicht enttäuscht wird. Ich bin auch gespannt wie unser Leben da so aussieht, mehr Campen oder mehr Familie-spricht-uns-an-und-wir-wohnen-da? Viele Freedomcampingspots haben wir schon auf einer Karte entdeckt, aber ob das auch wirklich so easy ist? Was machen wir an Weihnachten und finden wir mal wieder nen Job? Fragen über Fragen :D 
Es sind ja nun fast drei Monate vorbei, und ich weiß nicht wie's euch geht, aber das ging verdammt schnell! Ich hab jetzt schon so viele wertvolle Dinge gelernt und so viele unvergessliche Momente erlebt. Ich bin unendlich dankbar dafür dass ich die Möglichkeit habe so eine Reise zu machen, und ich hoffe so sehr dass es nicht die einzige bleiben wird. Manchmal hab ich so Momente in denen mich das alles überwältigt und ich wie blöd vor mich hin grinse. Aber das ist egal. Wen kümmert's was andere denken? Ich bin glücklich verdammt noch mal! Worauf auch immer ich Lust hab, ich kann es tun und ich werde es tun. Wenn jemand neidisch ist, hab ich alles richtig gemacht. 
Whoa, sorry für den kleinen Gefühlsausbruch.

 

Jetzt hab ich das Schlusswort ja schon quasi geschrieben. Hm.. Naja.. Dann... Ach ja, rechts in der Leiste ist jetzt ein Kasten für Emailbenachrichtigungen, so dass alle die nicht bei Facebook auch immer Bescheid wissen wann's was Neues zu lesen gibt. (Ich hoffe das funktioniert auch). 

 

Alles Liebe wünscht euch eine sehr glückliche Julia <3 xx

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